Alte
Postkarten, Sammlung Fritz Franz Vogel, 20.2.2015
Zeitzeugen
aus den Jahren um 1900
Fritz
Franz Vogel zeigte am Freitag eine Sammlung von alten
Postkarten. Eingeladen hatte die Gemeinnützige Gesellschaft Diessenhofen GGD.
In der ehemaligen
Schuhfabrik der Gebrüder Russ an der Steinerstrasse hat Vogel auf 400
Quadratmetern seine Wohn- und Arbeitswelt eingerichtet. Wo früher die berühmten
Tigerfinkli (rot-schwarz im Tiger-Design und rotem Pompon) hergestellt wurden, präsentierte
er eine Sammlung von Postkarten aus der Zeit um 1900.
Vogel hat etwa 50 bis 60
Tausend Karten gesammelt und nach Motiven geordnet. „Jetzt ist der Markt
ausgetrocknet“ sagte er. Das war als Scherz gedacht, denn in den Jahren 1895
bis etwa 1925 seien weltweit rund 10 Milliarden Postkarten produziert worden,
erklärte er. Es konnten nur Schwarzweiss-Aufnahmen vervielfältigt werden. Viele
dieser Karten wurden dann in Heimarbeit bemalt.
Für Postkarten wurden
grösstenteils hübsche junge Frauen fotografiert. Einige zeigen auch Kinder und
ganz selten Männer. Bei den Damen handle es sich um Fotomodelle. Das schliesst
Vogel daraus, dass Karten verschiedener Verlage die gleichen Gesichter zeigen. Meistens
ist ein romantischer Text eingedruckt. Zum Beispiel zum Thema Liebe „Muss ich
nicht dem Liebsten scheiben, ihm von Herzen treu zu bleiben“ oder „Als ob ich
Dein süsses Mündchen küsse, und Dir in die Augen seh“.
Die Darstellungen sind
extrem sentimental. Zielkäuferschaft waren Stadtbewohner. Diese suchten einen
Gegensatz zur grauen Welt der Stadt. „Süssliches gerührt sein, Schäfermilieu
und Seelenlandschaften waren Verkaufsschlager“ erklärte Vogel. Postkarten
spielten eine zentrale Rolle in der Kommunikation. Sie dienten auch für
einfache Mitteilungen, zum Beispiel Verabredungen.
Das funktionierte gut, da
die Post mehrmals am Tag ausgetragen wurde. „Die Postkarte kann als Vorläuferin
des Handys gesehen werden“ sagte Vogel. Mit Originalaufnahmen der Comedian
Harmonistslockerte Vogel seine Präsentation auf. Sie sangen Gassenhauer aus den
20er-Jahren, zum Beispiel „Mein kleiner grüner Kaktus“, „ich wollt‘ ich wär ein
Huhn“ und „Veronika, der Lenz ist da“.
Nach seinem Vortrag
enthüllte Vogel feierlich einen grossen Stapel Bücher. Er gibt die Bücher zu
Herstellkosten ab, wenn sie direkt bei ihm bestellt werden (ffvogel@mus.ch). Einige Bücher enthielten
alte Fotos und auch leere Seiten, andere waren ganz leer. Wer ein Buch kauft
darf Bilder aus der Sammlung von Vogel auswählen und selber einsetzen.
Zum Abschluss des
vergnüglichen Abends spendete die GGD Pizza.
Kultur
als Berufung
Dr. phil. Fritz Franz Vogel
arbeitet als Verleger und Autor. Er schrieb mehr als vierzig Publikationen, zum
Beispiel Ratgeber für Ausstellerund ein Buch über die Fotogeschichte. Er hat
mehrere Buch- und Fotopreise gewonnen. Vogel unterrichtete Kunstgeschichte,
Volkskunde oder Lesen und Schreiben, unter anderem an der Uni Zürich. Er ist
Spezialist in Desktop Publishing, dem computerunterstützten Entwurf von
Publikationen aus Text und Bild.
Vogel ist 50-Prozent
alleinerziehender Vater von zwei Kindern im Teenager-Alter. Er kandidiert für
den Stadtrat. Wenn er gewählt würde, möchte er sich dafür einsetzen, dass in
Diessenhofen mehr für die Kultur getan wird.
Dieter Ritter (dr)
Text und Bilder von Dieter Ritter
Fritz Franz Vogel
Fritz Franz Vogel erzählte rund 50 Gästen die Geschichte der Postkarten der
Zeit um 1900
Fritz Franz Vogel im Gespräch mit einem Gast
(Redaktion: Name des Gastes: Kai Hinz aus
Diessenhofen)
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